FAQ – wiederkehrende Beiträge für den Ausbau von Verkehrsanlagen
Der wiederkehrende Beitrag für den Ausbau von Verkehrsanlagen – ein Neuanfang für viele Gemeinden
Das Land Rheinland-Pfalz hat mit dem Gesetz vom 05. Mai 2020 die grundsätzliche flächendeckende Einführung des wiederkehrenden Straßenausbaubeitrages (wkB) beschlossen. Die Erhebung von einmaligen Ausbaubeiträgen ist vorübergehend bis zum 31.12.2023 möglich. Ab dem 01.01.2024 sind die Investitionskosten für den Straßenausbau dann nur noch über die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge zu finanzieren.
Mit der Gesetzesänderung werden den Gemeinden weder neue Finanzierungspflichten auferlegt noch wird die sich aus haushaltsrechtlichen Grundsätzen ergebende Verpflichtung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen erweitert. Die Rechtsgrundlage bleibt beibehalten. Es ändert sich lediglich die Form der Beitragserhebung, mit der die Gemeinden die Deckung der Straßenausbaukosten finanzieren wird.
Die wichtigsten Fragen rund um das Thema der wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge:
Wie ist das jetzt? Was ändert sich?
Mit den wiederkehrenden Straßenbeiträgen wird ein Teil der Investitionskosten für die grundhafte Erneuerung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen in der Ortsgemeinde erhoben. Im Unterschied zu den einmaligen Straßenbeiträgen sind hier nicht nur die direkt von einer Straßenbaumaßnahme betroffenen Grundstückseigentümer zahlungspflichtig, sondern alle Grundstückseigentümer in einer Abrechnungseinheit werden zur Zahlung eines Beitrags herangezogen. Ein wesentlicher Effekt bei der Erhebung von wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen zum bisherigen Einmalbeitragssystem ist, dass der umlagefähige Aufwand auf eine wesentlich größere Anzahl von beitragspflichten Grundstücken verteilt wird, wodurch die Belastung der einzelnen Grundstückseigentümer gesenkt wird.
Was ist ein Abrechnungsgebiet bzw. eine Abrechnungseinheit?
Ein Abrechnungsgebiet kann ein gesamtes Gemeindegebiet oder aber einzelne Teile einer Gemeinde sein. Dies ist von der Struktur einer jeweiligen Gemeinde abhängig und ist nicht automatisch mit dem Gemeindegebiet gleichzusetzen. Daher kann ein Gemeindegebiet auch nicht willkürlich in Abrechnungsgebiete festgesetzt werden, sondern muss nach der geltenden Rechtsprechung dazu in einzelne Abrechnungsgebiete eingeteilt werden. Bei kleineren Ortsgemeinden, die aus einem zusammenhängenden Ortsteil bestehen kann in der Regel das gesamte Gebiet der Ortsgemeinde zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst werden.
Beim wiederkehrenden Beitrag zählen alle öffentlichen Verkehrsanlagen innerhalb eines Abrechnungsgebietes zu einer einheitlichen Verkehrsanlage, so dass alle Grundstückseigentümer zur Zahlung eines Ausbaubeitrages herangezogen werden, die durch das komplette Straßennetz innerhalb eines Abrechnungsgebietes erschlossen werden, unabhängig davon, ob in der „eigenen“ Verkehrsanlage Straßenausbau-maßnahmen durchgeführt werden oder nicht. Da der Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke größer ist, macht sich dies im Vergleich zum Einmalbeitrag an der Beitragshöhe signifikant bemerkbar.
Ist der wiederkehrende Ausbaubeitrag jährlich zu entrichten?
Nein!
Der wiederkehrende Ausbaubeitrag wird nur dann erhoben, wenn und solange eine Straße ausgebaut wird und tatsächlich beitragsfähige Investitionen getätigt wurden.
Wird keine Straße ausgebaut oder sind keine beitragsfähigen Investitionen angefallen, wird der wiederkehrende Ausbaubeitrag auch nicht erhoben. Der wiederkehrende Ausbaubeitrag darf nicht mit den wiederkehrenden Beiträgen der Verbandsgemeindewerke Hauenstein verwechselt werden, denn diese wiederkehrenden Beiträge sind jährlich zu entrichten
Werden im Abrechnungsgebiet in einem Kalenderjahr keine Ausbaumaßnahmen durchgeführt, werden auch keine wiederkehrenden Beiträge erhoben.
In diesen Fällen wird ein Guthaben an den Beitragsschuldner ausgezahlt oder eine Nachzahlung für das Vorjahr als endgültiger Beitragsbescheid festgesetzt. Es besteht auch die Möglichkeit auf die Erhebung einer Vorausleistung zu verzichten und lediglich eine Festsetzung des endgültigen Ausbaubeitrages nach Feststellung sämtlicher beitragsfähiger Aufwendungen vorzunehmen. Das Finanzierungsmodell, ob eine Vorausleistung auf den Ausbaubeitrag erhoben wird, legt die Ortsgemeinde fest.
Müssen Grundstückseigentümer jedes Jahr Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge bezahlen?
Nein!
Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge müssen nur gezahlt werden, wenn in einem Kalenderjahr, im betroffenen Abrechnungsgebiet, auch tatsächlich Straßenaus-baumaßnahmen durchgeführt werden und hierfür Kosten in Rechnung gestellt werden.
Der wiederkehrende Beitrag ist für die Kommunen nicht als eine Art „Spardose“ zu betrachten, in der Beiträge für zukünftige Straßenausbaumaßnahmen gesammelt werden können.
Bei der Planung von Straßenbaumaßnahmen werden auch die finanziellen Mittel der Gemeinde berücksichtigt. Der Gemeindeanteil an den Investitionsaufwendungen für den Straßenausbau, sowie der wiederkehrende Beitrag für die gemeindeeigenen Grundstücke müssen, wie beim Einmalbeitrag auch, ebenfalls von der Gemeinde finanziert werden.
Ist die Höhe des Wiederkehrenden Beitrages jedes Jahr gleich?
Nein!
Die Höhe des Beitrages errechnet sich in jedem Jahr neu. Diese ist zum einen abhängig von den Kosten, die in einem Jahr innerhalb eines Abrechnungsgebietes anfallen und andererseits von der Summe der beitragspflichtigen Grundstücksflächen (z.B. Wegfall von Artzuschlägen, Grundstücke die aus der Verschonungszeit fallen).
Müssen auch Wiederkehrende Beiträge gezahlt werden, wenn bereits vor wenigen Jahren Erschließungs- oder Ausbaubeiträge gezahlt wurden?
Die Gemeinde hat die Möglichkeit, Grundstücke, die in den letzten Jahren zu Erschließungsbeiträgen, Ausbaubeiträgen oder Ausgleichsbeträgen nach BauGB (Sanierungsgebiet) herangezogen wurden, von der Entrichtung wiederkehrender Ausbaubeiträge zu verschonen. Die gesetzlich vorgeschriebene Höchstdauer der Verschonung beträgt 20 Jahre. Die Gemeinde kann in ihrer Ausbaubeitragssatzung eine (abweichende) Verschonungsregelung festlegen. Siehe hierzu § 13 Übergangs- bzw. und Verschonungsregelung der Satzung der betroffenen Ortsgemeinde.
Müssen Grundstückseigentümer in einem Abrechnungsgebiet auch für die Erschließung eines Neubaugebietes oder für Unterhaltungsmaßnahmen mitbezahlen?
Nein!
Zunächst muss erst einmal zwischen Erschließung und Ausbau unterschieden werden. Bei der Erschließung handelt es sich um die erstmalige Herstellung einer Straße, wofür Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch gezahlt werden müssen.
Beim Ausbau werden Beiträge für die Erneuerung, Erweiterung, Verbesserung oder dem Umbau einer bereits erstmalig hergestellten (bestehenden) Straße gezahlt. Kosten für die Unterhaltung von Straßen sind von der Gemeinde zu tragen, zum Beispiel Ausbesserungen von Schlaglöchern, Austausch einer defekten Straßenlampe.
Werden die Kosten für den Ausbau einer Straße in voller Höhe auf die Grundstückseigentümer umgelegt?
Nein!
Die Gemeinde trägt, so wie beim Einmalbeitrag auch, einen Teil der Kosten, den sogenannten Gemeindeanteil. Der Gemeindeanteil ist in der Ausbaubeitragssatzung festgeschrieben. Die verbleibenden Kosten werden nach eingehender Überprüfung (nicht alle Kosten sind umlagefähig) auf die Beitragspflichtigen umgelegt.
Müssen Eigentümer einer Eigentumswohnung oder Teileigentümer eines Grundstückes für das gesamte Grundstück bezahlen?
Nein! Alle Eigentümer werden lediglich in Höhe ihres Teileigentumsanteils laut Grundbuch bei der Beitragsveranlagung veranlagt, nicht aber für die gesamte Grundstücksfläche.
Ich bin Anlieger einer Klassifizierten Straße (Bundes-, Landes- oder Kreisstraße).
Muss ich bei einer Umstellung vom Einmalbeitrag auf den wkB weiterhin (wie bisher) nur für den Ausbau der Nebenanlagen (Gehweg und Beleuchtung) Beiträge zahlen?
Nein!
Dies liegt daran, dass sich der beitragsrelevante Vorteil nicht „mehr“ an der einzelnen Straße orientiert, sondern am gesamten Straßennetz im Abrechnungsgebiet. Dies wurde von der Rechtsprechung (OVG Rheinland-Pfalz und Verwaltungsgericht Neustadt) mehrfach bestätigt.
Wie wird der Wiederkehrende Straßenausbaubeitrag für ein Grundstück ermittelt?
Zunächst wird ein Beitragssatz pro m² beitragspflichtiger Grundstücksfläche wie folgt ermittelt:
Die umlagefähigen Kosten der Straßenausbaumaßnahme innerhalb eines Abrechnungsgebietes abzüglich des Gemeindeanteils (siehe hierzu § 5 Ausbaubeitragssatzung der Gemeinde), ergeben die beitragsfähigen Kosten.
Diese beitragsfähigen Kosten werden dann durch die beitragspflichtigen Grundstücke eines Abrechnungsgebietes geteilt und ergeben so einen Beitragssatz pro m² beitragspflichtiger Grundstücksfläche.
Dieser ermittelte Beitragssatz wird anschließend mit der beitragspflichtigen Grundstücksfläche/gewichtete Fläche multipliziert und ggfs. entsprechend auf den Miteigentumsanteil an dem Grundstück aufgeteilt.
Welche Verteilungsmaßstäbe werden zur Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücke zugrunde gelegt?
Es gibt zwei Möglichkeiten der Beitragsmaßstäbe. Zum einen den Vollgeschossmaßstab (Grundstücksgröße mit Zuschlägen oder Nutzungsfaktoren für Vollgeschosse) oder den Geschossflächenmaßstab (zulässige Geschossfläche).
Des Weiteren gibt es einen Artzuschlag für gewerblich oder in ähnlicher Weise genutzte Grundstücke. Die Verteilungsmaßstäbe werden dann nach der Grundstücksgröße, dem Maß der baulichen Nutzbarkeit (Vollgeschosse, Geschossfläche) und der Art der Nutzung (Wohnen/Gewerbe) festgelegt.
Was ist eine Tiefenbegrenzung?
Die Tiefenbegrenzung ist die Abgrenzung vom Innen- zum Außenbereich bei einem Grundstück. Diese Regelung findet bei Grundstücken Anwendung, die eine Tiefe von mehr als 35 m (gemessen von der Straßenfront) aufweisen. Der Grundstücksteil, der hinter dieser Tiefenbegrenzungslinie liegt, wird bei der Berechnung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche nicht mit einbezogen (siehe § 6 Absatz 2 Nr. 2 der Ausbaubeitragssatzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen). Sind die hinteren Grundstücksteile bebaut, verschiebt sich die Tiefenbegrenzungslinie bis zur hinteren Grenze der tatsächlichen Nutzung.
Liegt das Grundstück innerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplanes findet die Tiefenbegrenzungsregelung keine Anwendung.
Wofür wird der gewerbliche Nutzungszuschlag (Artzuschlag) berechnet?
Grundstücke, die in einem Industrie- oder Gewerbegebiet liegen oder die ausschließlich gewerblich genutzten Grundstücke in sonstigen Baugebieten werden mit einem Zuschlag belastet. Grundstücke, die teilweise gewerblich genutzt werden erhalten ebenfalls einen Zuschlag. Dieser Zuschlag ist jedoch geringer als für die ausschließlich gewerblich genutzten Grundstücke. Grund hierfür ist die typisierte höhere bzw. teilweise höhere Nutzung der Straße gegenüber der einfachen Wohnnutzung.
Gemäß § 6 Absatz 4 Satz 1 der Satzung werden für Grundstücke in Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten die Maßstabsdaten (gewichtete Grundstücksflächen) um 20 v.H. erhöht. Dies gilt nach § 6 Absatz 4 Satz 2 entsprechend für ausschließlich gewerblich, industriell oder in ähnlicher Weise genutzte Grundstücke in sonstigen Baugebieten.
Bei teilweise gewerblich, industriell oder in ähnlicher Weise genutzten Grundstücken (gemischt genutzte Grundstücke) in sonstigen Baugebieten erhöhen sich die Maßstabsdaten um 10 v.H (§ 6 Absatz 4 Satz 3).